Alles cool in Istanbul?!

Nächster Halt: Istanbul! Wir freuen uns wie die Kinder auf diese Stadt. Denn: Sie ist ein erster Meilenstein auf unserer Reise. Mitten in Istanbul, am Bosporus, treffen die Kontinente Europa und Asien aufeinander. Hier überschreiten wir sozusagen die magische Grenze.

Doch zuvor wollen wir noch ein paar Tage in der Altstadt der orientalischen Metropole verbringen. Wir quälen uns durch den dichten Verkehr und die noch engeren Straßen zu einem Parkplatz, der in anderen Reiseblogs für Overlander empfohlen wird. Den finden wir natürlich nicht und so wissen wir auf einmal mitten in Istanbul nicht mehr so richtig weiter. Plötzlich löst sich ein Mann wild gestikulierend aus der Menge und weist uns den Weg zu einem Parkplatz, auf dem wir für umgerechnet acht Euro die Nacht bleiben können. IMG_3884Dort empfangen uns freudestrahlend der „große“ und der „kleine“ Mustafa – zwei Angestellte des Parkplatzbetreibers. Kaum eingeparkt, werden wir von den beiden auch schon zu einem Cai (Schwarztee) eingeladen.

Die Männer vom Parkplatz sprechen leider wieder kein Englisch, doch mit Google Translate, dem rudimentären Wörterbuch aus unserem Lonely Planet und Händen und Füßen unterhalten wir uns prächtig. Auf diese Weise muss auch der „kleine“ Mustafa erfahren, dass ich bereits mit Michi verheiratet und daher leider nicht mehr zu haben bin. Sorry! An dieser Stelle möchte ich jedoch erwähnen, dass das Klischee, türkische Männer seien total wild auf blonde Frauen, nicht unbedingt zutrifft. Ich bin bisher stets höflich und respektvoll behandelt worden. Ich hoffe, es bleibt dabei und ich muss nicht zum dunklen Haarfärbemittel greifen.

Wir parken gerade einmal fünf Minuten Fußmarsch von der Blauen Moschee entfernt, die wir uns natürlich sofort anschauen wollen. Am Eingang weist uns ein Schild darauf hin, dass für mich der Eintritt nur mit Kopftuch erlaubt und küssen in der Moschee verboten ist. Das Kopftuch leihe ich mir vor Ort aus. Das mit dem Küssen bekommen wir sicher auch irgendwie hin. Noch schnell die Schuhe ausziehen und schon sind wir drin. Die Moschee ist wirklich beeindruckend! Wir schlendern durch das riesige Bauwerk, beobachten Muslime beim Gebet und ich kämpfe mit meinem Kopftuch.

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Wie bei allen anderen nicht-muslimischen Besucherinnen rutscht es mir dauernd in den Nacken. Doch niemand stört sich daran.  Im Überschwang der Eindrücke will Michi mir plötzlich ein Küsschen auf den Mund drücken, doch Halt! Küssen verboten! Möglichst unauffällig dreinblickend geht jeder schnell wieder seiner eigenen Wege.

Wir besuchen noch die Aya Sofia und schlendern gemütlich zurück zum Schrödinger, bevor wir uns mit dem Taxi auf nach Beyoglu machen. Es ist Samstag Abend und nach zwei Wochen auf Reisen haben wir uns mal wieder ein wenig Nachtleben verdient. In Beyoglu pulisiert das Leben! Mit tausenden jungen Leuten drängen wir uns durch die Gassen, lauschen Live-Bands und tanzen in kleinen Clubs. In einer Bar treffen wir auf einen türkischen Junggesellenabschied. Die Männer laden Michi zum Mitfeiern ein und fragen mich, ob ich nicht schon furchtbar müde sei und ins Bett wolle. Denkste! Der Junggesellenabschied muss leider ohne meinen Mann stattfinden. Bevor sie weiterziehen, lassen sie es sich jedoch nicht nehmen, Michi von ihrem Essen probieren zu lassen und sich mit ihm über die Geheimnisse einer glücklichen Ehe auszutauschen. Ich bin derweil höflich auf die Zuschauerränge verbannt.

Am nächsten Tag steht der Gran Bazaar auf unserem Programm. Doch Michi muss zuerst den Abfluss unserer Dusche noch reparieren. Dies ufert ausnahmsweise einmal nicht zu einer Tagesbeschäftigung aus. Doch plötzlich knallt es auf unserem Dach. Michi rettet sich noch schnell ins Auto, bevor er etwas abbekommt. Etwas erschrocken sondieren wir die Lage und stellen fest, dass uns irgendjemand mit Gurken bewirft. Hallo?! So schnell wie der Spuk angefangen hat, ist er schon wieder vorbei und wir befreien den Schrödinger vom Wurfgemüse. Währenddessen knallt es erneut und wir stellen fest, dass eine Gruppe Kinder den Schrödinger als Torwand missbraucht. Wutentbrannt laufe ich den Fratzen hinterher, bekomme sie aber nicht mehr zu fassen. Allerdings weiß ich auch nicht, was ich hätte tun sollen, wären sie stehen geblieben.

Der Gran Bazaar hat am Sonntag leider geschlossen, doch es gibt  außerhalb des Gebäudes einen ähnlich großen Bazaar, auf dem man allerlei Markenschuhe, -hosen, und -brillen zu günstigsten Preisen erstehen kann. IMG_3330Natürlich alles echt, wie uns die Verkäufer stets versichern. Dass das „N“ auf den New Balance Schuhen spiegelverkehrt ist oder das Nike-Logo noch ein neckisches Zusatz-Spitzchen hat, stört nur minimal. Michi braucht aber trotzdem neue Schuhe und so versuchen wir unser Glück. Türkische Verkäufer sind übrigens extrem aufdringlich. Michi lehnt am Anfang immer noch mit einem höflichen „No thanks!“ ab, während ich die Männer einfach geflissentlich ignoriere. Doch nach dem hundertsten „Yes, please!“ oder „Ah, nice couple, very nice couple!“ ist auch ihm seine gute Kinderstube langsam egal.

Wir werden nicht fündig uns so machen wir uns am nächsten Tag nochmal auf zum Gran Bazaar. Ein großer, schöner, orientalischer Markt, auf dem wir uns nochmal nach Schuhen für meinen Mann umsehen. Und ich brauche ein „Muslima-Starter-Kit“ für den Iran. Stundenlang schlendern wir staunend durch den riesigen orientalischen Markt, der jedoch leider zum Teil auch sehr von gefälschten Markenklamotten dominiert wird. Ich probiere eine Abaya (schwarzes Übergewand für Muslimas), doch Michi protestiert so heftig, dass ich das Ding schnell wieder an den Verkäufer zurückgebe. Auf die Frage, was ich denn dann im Iran anziehen solle, bekomme ich nur zu hören, dass es trotz Kleiderregeln, doch noch gut auszusehen habe. Aha! Das vereinfacht mir die ganze Angelegenheit natürlich ungemein. Ich vertage das Projekt auf später.

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Wir schlendern noch zur Galata Brücke und genehmigen uns in der Nähe der blauen Moschee einen Snack, bevor wir uns auf den Rückweg zu unserem Auto machen. Hoffentlich wurde es zwischenzeitlich nicht nochmal als Torwand missbraucht oder mit Tomaten beworfen.

Istanbul ist eine wirklich aufregende, aber auch sehr laute Stadt. Da wir kein Hotelzimmer haben, in dem wir einfach die Tür hinter uns schließen können, um dem Lärm für ein paar Stunden zu entgehen, wird es uns nach drei Tagen Stadt langsam zu viel. Unser Parkplatz ist sicher und bewacht, liegt jedoch an einer viel befahrenen Straße. Türken hupen beim Fahren gerne und das Radio spielt in der Regel auch ziemlich laut. Hinzu kommt, dass sich auf der anderen Straßenseite ein Kinderspielplatz befindet und türkische Kinder nicht schon um sieben ins Bett müssen. An Schlaf oder Ruhe ist somit kaum zu denken. So beschließen wir, Istanbul am nächsten Tag zu verlassen.

IMG_5479Als wir uns schließlich der Bosporusbrücke nähern, sind wir richtig aufgeregt. Im Schneckentempo schieben wir uns mit tausend anderen Fahrzeugen auf den asiatischen Kontinent.
Endlich! Ein gelbes Schild begrüßt uns mit der Aufschrift „Welcome to Asia“. Auf dem schnellsten Weg wollen wir jetzt Richtung Süden, zu Sonne, Strand und Meer reisen. Doch natürlich kommt mal wieder alles anders. Fortsetzung folgt….

11 Antworten auf „Alles cool in Istanbul?!“

  1. Hallo meine liebe Familie Kisslinger! Toller Bericht und auch ich begrüße Euch in Asien – verweile gerade auf den Philippinen. Ich bin schon auf die Fortsetzung gespannt und hoffe es geht euch gut. Bleibt gesund und vielleicht demnächst mal über Skype?

  2. Es ist wie bei meiner abonnierten Motorradzeitschrift- ich brenne darauf die neuen Berichte von Euch zu lesen. Seit schön vorsichtig, der Kulturschock kommt spätestens nach der nächsten Grenze!
    Falls Ihr eine Adresse in Nord – West – Indien braucht, zwischen Ahmedabad und Pakistan, einfach melden. Hab da Freunde.
    LG Baron

    1. Servus Uwe!

      Das freut uns, dass dir unser Blog gefällt! 🙂
      Da hast du allerdings Recht! Noch gehts, Türkei ist anders, aber wir kommen hier wunderbar mit den tollen Leuten zurecht!
      Iran wird bestimmt anders.
      Wir werden bestimmt auf dich zurückkommen, wenn wir in der Gegend sein sollten!

      Liebe Grüße in die Heimat!!

  3. Hi Micha,
    ich genieße Euren Bericht von mal zu mal mehr. Euer Erlebtes ist so lebendig von meinem Auge, als könnte ich es selbst sehen. Genieße die beneidenswerte Zeit, bleibt gesund und schreib einfach so weiter.
    Viel Glück wünsche ich Euch beiden
    Lg
    Albert

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